Der Gedanke, einen Interpretationswettbewerb von Blinden und Schwachsichtigen zu veranstalten, entstand im Zusammenhang mit dem 25. Jubiläum des Konservatoriums für sehbehinderte Jugendliche in Prag. Dank des hohen Niveaus des im Jahre 1973 stattgefundenen Wettbewerbs konnte die Schule zeigen, dass Musik langfristig ein wichtiger Bestandteil der ästhetischen Erziehung von Blinden und Schwachsichtigen und derer Erziehung zum pädagogischen Beruf im musikalischen Bereich ist.

Was zuerst eine interne Angelegenheit der Schule war, brachte zahlreiche positive Ergebnisse, und daher gab es Gelegenheit, organisatorisch Musikalität auf einem höheren Niveau zu fördern. Der Wettbewerb erweckte das Interesse vieler Experten, die als Mitglieder der Jury mit der Schule zusammenarbeiteten. Das Konservatorium versuchte deshalb, Unterstützung bei der Veranstaltung weiterer Wettbewerbe zu finden. Als dies gelang, wurden die Grundsteine der neuen kulturellen Tradition von blinden und schwachsichtigen Interpreten, Instrumentalisten, Sängern und später auch Komponisten gelegt. Die Wettbewerbe setzten sich von Anfang an zum Ziel, die professionelle Ausbildung der Teilnehmer zu fördern und ihre Chancen zu verbessern, sich gesellschaftlich durchzusetzen.

Der I. Internationale Wettbewerb von blinden und schwachsichtigen Musikinterpreten (weiter nur Interpretationswettbewerb) fand im August 1975 in Prag statt. Für den Interpretationswettbewerb qualifizierten sich aus der Landesrunde 30 Studenten des Konservatoriums und einige seiner Absolventen. Auch Organisationen von Blinden und Schwachsichtigen aus Ungarn, Polen und der ehemaligen DDR sandten ihre Teilnehmer. Die Vorsitzende der Jury war doc. Olga Boldocká.

Der II. Jahrgang des Interpretationswettbewerbs fand im Jahre 1978 statt; diesmal nahmen auch Künstler aus der ehemaligen UdSSR daran teil. Die Vorsitzende der internationalen Jury, in welcher Experten aus Polen, Norwegen und der UdSSR vertreten waren, war wieder doc. Olga Boldocká. Für die Finanzierung der Preise der Sieger sorgte schon damals sowie auch heute der Tschechische Musikfonds.

Der III. Interpretationswettbewerb fand drei Jahre später statt, und zwar im Rahmen des Internationalen Jahres der Behinderten. Dies ergab auch ein größeres Interesse ausländischer Teilnehmer.

Der IV. Jahrgang fand zum ersten Mal nicht in Prag statt. Die Stadtorganisationen und -institutionen in Marienbad (Mariánské Láznì) schufen im März 1985 sehr günstige Bedingungen für die Veranstaltung des Wettbewerbs. An dem aus drei Ausscheidungsrunden bestehenden Wettbewerb nahmen 24 Interpreten teil; davon kamen 7 aus dem Ausland. Zum besonderen Erlebnis wurde das Konzert des westböhmischen Symphonieorchesters, in welchem ein Mitglied der Jury als Solist auftrat, der blinde japanische Violinist Takayoshi Wanami.

Der V. Jahrgang des Wettbewerbs (1988) wurde wieder in Marienbad veranstaltet, diesmal zur Erinnerung des 40. Jubiläums des Konservatoriums für sehbehinderte Jugend in Prag, welches sich an der Organisation beteiligte. In Marienbad fand der Interpretationswettbewerb seinen festen Platz und wurde in die Reihe anderer internationaler Musikfestspiele eingegliedert. Der Vorsitzende der Jury war diesmal Milan Etlík, Professor an der Musikfakultät der Akademie für musikalische Künste (AMU) in Prag.

Der Interpretationswettbewerb setzte im Jahre 1991 mit dem VI. Jahrgang fort. Die Organisation des Wettbewerbs übernahm die Assoziation der Blinden und Schwachsichtigen in der Tschechoslowakischen Föderativen Republik (CSFR), welche damals nach 40 Jahren zu einer selbständigen Organisation der Blinden und Schwachsichtigen wurde, mit der Unterstützung der Kultusministerien sowie des Tschechischen Musikfonds und zahlreicher Sponsoren. Mit der Assoziation arbeitete auch Olga Havlovás "Ausschuss des guten Willens" zusammen. Zu Ehren der Sponsoren wurde ein Benefizkonzert im Rittersaal des Wallensteinpalais auf der Prager Burg organisiert. Dieser Jahrgang wurde dem 60. Jahrestag des Todes des blinden tschechischen Komponisten Stanislav Sud gewidmet, dessen Stücke das Westböhmische Symphonieorchester im Rahmen seines Konzertes aufführte. Als Solist trat der Sieger vom I. Jahrgang des Interpretationswettbewerbs, der Klarinettist Jan Budín auf. Der Wettbewerb war sehr ausgeglichen, und die Teilnehmer hatten sich gut vorbereitet. Der Vorsitzende der internationalen Jury war Peter Toperczer, ein Dozent von der Musikfakultät der Akademie für musikalische Künste (AMU) und ein hervorragender Pianist.

Der VII. Jahrgang des Interpretationswettbewerbs fand am Ende Februar 1994 statt. Er wurde von der Föderation der Blinden und Schwachsichtigen in der CSFR am Ende des Jahres 1992 erklärt, die eigentliche Organisation übernahm jedoch der Verband von Organisationen der Blinden und Schwachsichtigen in der CSFR mit Hilfe vieler Sponsoren und Freiwilligen. Zu dem Wettbewerb kamen 30 Instrumentalisten und Sänger nicht nur aus der Tschechischen Republik, sondern auch aus der Slowakei, aus Polen, Litauen, Russland, Weißrussland, Deutschland, Großbritannien, Spanien und Japan. Der Vorsitzende der Jury war Miroslav Langer, ein Dozent von der Musikfakultät der Prager AMU. Im Rahmen des siebten Jahrgangs wurde auch eine Internationale Konferenz über Musikausbildung und derer Anwendung im Leben von Blinden und Schwachsichtigen organisiert.

Der VIII. Jahrgang (1997) wurde bereits von der Vereinigten Organisation der Blinden und Schwachsichtigen (SONS) der Tschechischen Republik organisiert; unter den wichtigsten Gästen war auch der Präsident der Europäischen Blindenunion Mr. John Wall aus Großbritannien vertreten. Den Vorsitz der internationalen Jury führte Radomil Eliška, ein Dozent von der Prager AMU. Den Wettbewerb bereicherten auch einige Teilnehmer aus Taiwan, Hsu Ya - Hui wurde sogar neben Wadim Titow aus Russland zum Sieger.

Der Wettbewerb gelangte allmählich an einen Scheideweg, da das Kurort Marienbad dafür zu klein wurde. Nach Absprache mit den Vertretern des Jan-Deyl-Konservatoriums wurde entschieden, dass der Wettbewerb nach Prag zurückkehren sollte (siehe auch an anderer Stelle in dieser Publikation). Zu dieser Entscheidung trug auch die Tatsache bei, dass der IX. Jahrgang des Wettbewerbs zufällig im Jahre 2000 stattfand, in welchem das Konservatorium den 90. Jahrestag seit der Gründung des Instituts für eine systematische Musikausbildung der Blinden und Schwachsichtigen in der Tschechischen Republik feierte. Dieser weltweit einzigartige Wettbewerb gliederte sich in das Kulturleben der tschechischen Metropole - einer der europäischen Kulturstädte 2000 - gut ein. Im Rahmen des IX. Jahrgangs fand auch ein unvergessliches Konzert des Westböhmischen Symphonieorchesters statt, welches mit der Keltischen Symphonie vom blinden spanischen Komponisten Juan Besteir auftrat. An dem Konzert nahmen neben dem Komponisten auch der spanische Botschafter in Prag und einige Vertreter der Spanischen nationalen Organisation von Blinden (ONCE) teil.

SONS unterstützt auch blinde und schwachsichtige Komponisten. Diese haben die Möglichkeit, ihre neuen Werke in einen Kompositionswettbewerb einzuschicken, der auch alle drei Jahre stattfindet und den jeweiligen Jahrgängen des Interpretationswettbewerbs vorhergeht. Der Kompositionswettbewerb wird am Tag des weißen Stockes (15. Oktober) im Vorjahr des Interpretationswettbewerbs abgeschlossen. Die Kompositionen werden von einer Fachjury bewertet, und die Besten werden in einer Weltpremiere beim Eröffnen des Interpretationswettbewerbs aufgeführt, wobei ihre Autoren zu dem Wettbewerb eingeladen werden.

Immer mehr Komponisten, besonders im Ausland, zeigen an dem internationalen Wettbewerb Interesse. Ein Beweis dafür ist auch, dass alle bisherigen Preise an Ausländer verteilt wurden. Die Preise werden auch vom Tschechischen Musikfonds gesponsert. Bisher fanden sieben Jahrgänge des Kompositionswettbewerbs statt, und zwar in Jahren 1978, 1981, 1984, 1987, 1990, 1993 und 1996.

Eine Liste der Sieger aus allen Jahrgängen ist dieser Publikation zu entnehmen.

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